Allein steigt er ein, nimmt Platz.
Zu scheu den Menschen in die arbeitswütigen und wütenden Augen zu schauen, blickt er zu Boden. In seiner Traurigkeit murmelt er vor sich hin.
"Menschenmaterial."
"Automaten."
"Es gibt doch so viele Möglichkeiten!"
Das Unbehagen der anderen Fahrgäste hängt sirupartig in der Luft.
Greifbar. Zäh. Ein Klumpen aus Mitleid, Ekel und Selbsterhöhung.
Zum Pflücken bereit.
Seine liebevollen Augen, die Geschichten der Enttäuschung erzählen,
schauen an das dreckige Fenster.
Mit kritischem Blick beäugt er sein Spiegelbild,seine Haare in Form bringend.
Die naive Hoffnung, mit einem netten Blick und einem Lächeln Licht in seinen Tag zu bringen,keimt auf. Doch ich tue nichts. Schaue beschämt zur Seite und blicke in sein Spiegelbild an der Fensterscheibe - meinem Schutzschild, meiner Scheuklappe.
Er murmelt weiter, einen jeden von uns ansprechend,
und erntet nichts als Verurteilung,
der Mann, der mit wenigen Worten klar macht, dass er uns kennt,
uns Fremde, die wir uns nicht eingestehen wollen, was wir geworden sind. Menschenmaterial. Automaten. Funktionierend.
Dann steigt er aus und neue fremde Menschen umringen mich.
Was bleibt ist der Geruch aus Nikotin, Schweiß und Einsamkeit.
Und die wage Erinnerung an einen Geist, dessen Atem sich betäubend auf mein Herz gelegt hat.
Und mit jeder Sekunde, die verstreicht, verliere ich mich im Strudel des Alltags, betrübt, nicht wissend was mein Herz schwer macht, weil ich ihn vergessen habe, den alten, traurigen Mann mit so viel Liebe in den Augen,
weil ich ihn verdrängt habe, den fremden Mann, der mich kannte.
Dienstag, 12. Januar 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Selbstgeschrieben?
AntwortenLöschen