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Dienstag, 12. Januar 2010

Der fremde Mann

Allein steigt er ein, nimmt Platz.
Zu scheu den Menschen in die arbeitswütigen und wütenden Augen zu schauen, blickt er zu Boden. In seiner Traurigkeit murmelt er vor sich hin.
"Menschenmaterial."
"Automaten."
"Es gibt doch so viele Möglichkeiten!"

Das Unbehagen der anderen Fahrgäste hängt sirupartig in der Luft.
Greifbar. Zäh. Ein Klumpen aus Mitleid, Ekel und Selbsterhöhung.
Zum Pflücken bereit.

Seine liebevollen Augen, die Geschichten der Enttäuschung erzählen,
schauen an das dreckige Fenster.
Mit kritischem Blick beäugt er sein Spiegelbild,seine Haare in Form bringend.

Die naive Hoffnung, mit einem netten Blick und einem Lächeln Licht in seinen Tag zu bringen,keimt auf. Doch ich tue nichts. Schaue beschämt zur Seite und blicke in sein Spiegelbild an der Fensterscheibe - meinem Schutzschild, meiner Scheuklappe.

Er murmelt weiter, einen jeden von uns ansprechend,
und erntet nichts als Verurteilung,
der Mann, der mit wenigen Worten klar macht, dass er uns kennt,
uns Fremde, die wir uns nicht eingestehen wollen, was wir geworden sind. Menschenmaterial. Automaten. Funktionierend.

Dann steigt er aus und neue fremde Menschen umringen mich.
Was bleibt ist der Geruch aus Nikotin, Schweiß und Einsamkeit.
Und die wage Erinnerung an einen Geist, dessen Atem sich betäubend auf mein Herz gelegt hat.

Und mit jeder Sekunde, die verstreicht, verliere ich mich im Strudel des Alltags, betrübt, nicht wissend was mein Herz schwer macht, weil ich ihn vergessen habe, den alten, traurigen Mann mit so viel Liebe in den Augen,
weil ich ihn verdrängt habe, den fremden Mann, der mich kannte.

Freitag, 25. Dezember 2009

Silent night...

Eine besinnliche Zeit soll es sein, die Weihnachtszeit.
Eine Zeit, die im Kerzenschein schimmert und Schneegestöber glitzert.
Eine Zeit, in der Familien zusammen kommen. Friedlich.
Doch nichts dergleichen fühle ich.

Der Wind jault um die Ecken und hat warme Luft im Schlepptau,
die die wenigen dreckigen Schneeflecken im Acker versickern lässt.
Mein Herz trägt noch den Herbst in sich, ist wehmütig, traurig.
Kein Platz für Heiterkeit und Festivität.

Gefeiert werden soll die Geburt des Erlösers, Friedefürst,
Hoffnung, Liebe, Dankbarkeit in uns weckend.
Nichts dergleichen hat es in mein Herz oder Verstand geschafft,
wurde abgeblockt in den Tagen der Mast von eigener Stumpfsinnigkeit.

Mit Vorfreude erfüllt erreichte ich das elterliche Haus,
kam zurück in den Kreis der Familie und wurde Opfer meiner eigenen Vergangenheit.
Die Geister, die ich niemals rief, drücken mich nieder, saugen mich aus
und hinterlassen eine Hülle aus Sehnsucht nach neuer Heimat.

Oh du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!
Schenk mir Freiheit, Frieden, Seligkeit.
Nimm den Schleier der Müdigkeit von meinen Augen
und die Lasten der Wehmut von meinen Schultern.

Schenk mir Hoffnung, Zuversicht,
wenn das Beschenken doch der Inhalt dieser Zeit ist.
Nichts anderes Wünsche ich mir,
nach nichts anderem schreit mein Herz.